Chronik der Ortsfeuerwehr Niederbobritzsch

Die Freiwillige Feuerwehr Niederbobritzsch wurde am 25.04.1875 gegründet. In der ersten Kompanieversammlung wurde der Bahnmeister der Eisenbahnmeisterei Niederbobritzsch, Seifert als Kommandant, gewählt und die Wehr in den Sächsischen Feuerwehrverband aufgenommen. Die Ausrüstung bestehend aus Lederhelm, Beil und Joppe (Jacke) musste damals noch jeder Angehörige der Wehr selbst beschaffen. 1876 wurde eine Abprotzspritze sowie Schläuche, Leitern, andere kleine Geräte und weitere Ausrüstungsgegenstände angeschafft. Zum ersten Großbrand rückte die Wehr am 03.10.1876 mit zwei Spritzen nach Weißenborn aus, wo ein Feuer in einer Bäckerei schnell weitere Gebäude erfasste. Am 26.09.1877 rückt die Wehr dann erstmalig zur Brandbekämpfung im Ort aus.

 

Seit der Gründung der Wehr im Jahre 1875 bestand auch ein Signalistencorps, welches bei einer Alarmierung oder auch bei Übungen oder Diensten das Signal „Zum Sammeln“ blies. 1879 wurde vom Schmiedemeister ein Vorder- oder Mannschaftswagen für die Abprotzspritze angefertigt. Der Bau eines hölzernen Steigerturms erfolgte ebenfalls im Sommer 1879 auf der Wiese hinter dem Gasthof „Zum Löwen“. Der Platz wurde vom Gastwirt kostenlos zur Verfügung gestellt, er war der Wirt des Vereinslokals der FFW. Am 12.11.1882 erfolgte eine Inspektion der Wehr, bei der vor einem Amtshauptmann aus Freiberg ein Probeexerzieren durchgeführt wurde. 1885 erfolgte der Beitritt zum Bezirksverband Freiberg, dem 17 Wehren angehörten. Im Juli 1889 brachen an drei aufeinanderfolgenden Tagen Brände im Ort aus. Die Wehr gelangte an ihre Grenzen und es gab Beschwerden über die Leistungsfähigkeit. Bei einer darauffolgenden Einwohnerversammlung konnten neue Mitglieder gewonnen werden und die Zahl der Einsatzkräfte stieg auf 75 Mann. 1893 wurde der hölzerne Steigerturm, welcher durch einen Sturm stark beschädigt wurde, abgerissen und ein neuer eiserner Steigerturm mit drei Etagen aufgestellt. Bei der Hochwasserkatastrophe am 30.06.1897 wurde die Wehr zur Bergung von Menschen, Tieren und Mobiliar eingesetzt. Im Jahr 1898 musste die Wehr zu 6 Feuern im Ort und zwei Feuern außerhalb ausrücken. Auch im darauf folgenden Jahr prägten Brandeinsätze das Geschehen, trotz großer Anstrengungen brannten insgesamt vier Gehöfte nieder. Bis heute kam es in keinem Jahr wieder zu solch einer hohen Anzahl an Bränden im Ort. Am 18.07.1899 fand in Niederbobritzsch der 14. Verbandstag des Freiberger Bezirksfeuerwehrverbandes statt. Nach Vorlage eines Grundgesetztes und einer Feuerwehrverordnung für die FFW Niederbobritzsch trat diese im August desselben Jahres in Kraft. Es wurde damit eine klare Rechtslage für die Feuerwehrleute geschaffen, die bis zum Jahr 1933 Bestand hatte. 1909 wurde die Wehr mit einer mechanischen Schiebleiter ausgestattet, für die ein Anbau an das bestehende Spritzenhaus errichtet wurde. Während der Zeit des 1. Weltkrieges (1914-1918) wurden viele Kameraden zum Wehrdienst eingezogen, von denen acht nicht zurückkehrten. Bis 1925 treten insgesamt 50 Einwohner der Wehr bei und am 09.08.1919 findet das erste Vergnügen der FF nach dem Krieg statt.

 

Am 11.12.1923 fand das erste Schweineschlachten der FFW Niederbobritzsch statt. Es wurde zu einem beliebten Fest der Wehr. Am 14.06.1925 wurde das 50-jährige Jubiläum der Wehr gefeiert und zugleich das Ende des letzten traditionellen Nachtwächter des Ortes. Es war das erste größere Fest im Ort nach dem Ende des 1. Weltkrieges.

 

1932 wurde zunächst eine neue Schiebleiter angeschafft, die Wehr beabsichtigte weiter ein Zugfahrzeug und eine neue Motorspritze zu kaufen. Der erforderliche Anbau konnte trotz schwieriger finanzieller Lage realisiert werden.

 

1933 wurde eine Limousine Typ „Audi“ als Werkswagen gekauft. Die Kameraden der Wehr bauten diese Limousine, deren Maschine 8 Zylinder und 100 PS besaß, zu einem offenen Maschinenwagen mit insgesamt acht Plätzen um. 1934 kaufte die Gemeinde eine 600 l Motorspritze (TS 6), auf Lafette von der Firma Schöne/Dresden.

 

Mit der Verabschiedung des Luftschutzgesetzes am 26.06.1935 wurden den Feuerwehren Aufgaben übertragen die militärischen Charakter besaßen.

 

Am 01.09.1939 hatte die Wehr eine Stärke von 68 Mann, wobei viele jüngere Wehrangehörige sofort zur Wehrmacht einberufen wurden. Im Verlauf der Kriegsjahre nimmt die Anzahl der Mitglieder durch Einberufung und Dienstverpflichtung in Rüstungsbetrieben weiter ab. Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, sollen Gemeinden unter 1000 Einwohnern Frauen-Löschgruppen ins Leben rufen, so geschehen auch in Niederbobritzsch. In der Nacht vom 13. zum 14.02.1945 wurde die Stadt Dresden von britischen Bombern angegriffen. Aus ganz Sachsen wurden in dieser Nacht Feuerwehren nach Dresden befohlen. Auch unsere Wehr folgte dem Aufruf, war aber wie alle anderen machtlos gegen die gewaltige Feuerhölle.

 

Im Krieg verloren insgesamt acht Wehrangehörige ihr Leben, einige gingen in Kriegsgefangenschaft. Nach dem Krieg hatte die Wehr, aufgrund vieler Neuverpflichtungen, dennoch eine Stärke von 57 Mann. Sie war jedoch überaltert denn 31 Kameraden waren bereits über 45 Jahre alt.

 

Im Winter 1946/47 fror die Bobritzsch komplett zu und die Wehr wurde im Frühjahr zur Beseitigung gefährlichen Eisstaus eingesetzt.

 

Ihr 75-jähriges Bestehen feierte die Wehr am 11.06.1950 verbunden mit einer Inspektion bei welcher die Note „Sehr gut“ erreicht wurde. Durch Geldspenden wurde im gleichen Jahr eine Sirene angeschafft, welche durch die schnelle Alarmierung meist größere Schäden verhinderte.

Zum Heimatfest am 09.07. 1954 regnete es ununterbrochen. Am Vorabend musste im Ort Hochwasseralarm ausgelöst werden und die Wehr war die ganze Nacht im Einsatz. Doch glücklicherweise ging das Wasser am nächsten Tag zurück und das Fest konnte stattfinden.

Im Sommer 1955 wurde ein Katastrophenzug der Feuerwehr gebildet, in dem unsere Wehr mit 13 Mann vertreten war. Die Bildung einer Brandschutzgruppe der FFW erfolgte am 12.04.1957. Sie war zuständig und verantwortlich für die Durchführung von Kontrollen in allen Bereichen z.B. Betrieben, Genossenschaften, Handwerk sowie allen Wohnstätten.

 

Zum Bezirksausscheid im Feuerwehrkampfsport (4x100 m Kampfbahn, 100 m Einzellauf und Sturmleitersteigen) errang unsere Mannschaft den 3. Platz.

 

Im Herbst 1958 ereignete sich eine Havarie auf der Eisenbahnstrecke, bei der auf einem Zug Stahlträger verrutschen und sich in den Gegenzug bohrten. Dabei kam der Katastrophenzug, dem auch Mitglieder unserer Wehr angehörten, zum Einsatz. 1960 erhielt unsere Wehr das langersehnte neue Löschfahrzeug LF 8 - Typ Garant. Auf dem Fahrzeug befand sich eine TS 8 und es konnte ein Schlauchtransportanhänger mitgeführt werden. Gleichzeitig wurde das alte Zugfahrzeug („Audi“) nach Freiberg abgezogen. Die Schiebleiter von 1932 blieb der Wehr erhalten und verrichtete treue Dienste.

 

Am 01.04.1962 gehörten der Wehr 52 Kameraden an. 1963 erfolgte die Ausrüstung der Wehr mit einer weiteren TS 8, als Zugfahrzeug musste allerdings ein Traktor eingesetzt werden. Im Frühjahr 1965 wird der Bau eines neuen Gerätehauses genehmigt und am 23.05.1965 erfolgt der erste Spatenstich. Am 08.10.1967 erfolgte die Einweihung des Neubaus auf dem bereits vorher eine neue Sirene angebracht wurde.

 

Vom 13. bis 15.06.1975 feierte die Wehr ihr 100-jähriges Bestehen. Höhepunkt des Festes war ein Umzug an dem 6 Kutschen mit Ehrenmitgliedern, 6 Kapellen, alte und neue Technik und die Abordnungen von über 20 Wehren teilnahmen.

 

Zur Abschlussübung am 07.10.1983 erfüllte die Wehr alle Normen die zur Verleihung der Leistungsstufe II erforderlich waren. Das 110-jährige Bestehen feierte die Wehr am 15.06.1985 mit einer Festveranstaltung im Saal des Gasthofes „Zum Viertel“.

 

Der Titel „Vorbildliche Freiwillige Feuerwehr“ wurde der Wehr am 13.06.1987 nach Ablegung einer entsprechenden Prüfung verliehen.

 

Am 19.03.1988 stürzte ein Agrarflugzeug nach einem misslungen Start vom Einsatzflugplatz in Niederbobritzsch in ein Gehöft. Dabei kommt der Pilot ums Leben, der Mechaniker auf dem Rücksitz überlebte.

 

Ein besonderer Höhepunkt des Jahres 1988 war die Übergabe eines neuen Löschfahrzeuges LF 8. Von dem alten Löschfahrzeug, Typ Garant 30 K aus dem Jahre 1960, nahm die Wehr am 17.05.1989 Abschied.

 

Die Wehr feierte am 16.06.1990 ihr 115-jähriges Bestehen in der neugebauten Gaststätte „Zum Goldenen Löwen“. Damit kehrte sie in ihr altes Stammlokal zurück, in welchem seit der Gründung 1875 Freud und Leid gefeiert wurden.

 

Der Landkreis Freiberg erhielt 1991 zwei neue LF 16 TS über den Bund zugewiesen, sie waren für den Katastrophenschutz bestimmt und wurden in Niederbobritzsch und Oberschöna stationiert.

Ende Mai 1992 brachen in der Lausitzer Heide gefährliche Waldbrände aus. Unsere Wehr wurde am 24.05. (bis 27.05.) in den Raum Weißwasser beordert, um die der Brandbekämpfung mitzuwirken.

 

Um ein Haar wäre unsere Gaststätte „Zum Löwen“ am 07.08.1994 den Flammen zum Opfer gefallen. Unsachgemäße Ablagerung von Zigarettenresten war die Ursache eines Brandes in der Gaststätte.

 

Anlässlich des 120-jährigen Bestehens unserer Wehr fand am 20.05.1995 auf dem Sportplatz ein Festwochenende statt, welches großen Anklang fand. Seither führte unsere Feuerwehr jedes Jahr ein Feuerwehrfest auf dem Sportplatz durch.

 

Nach der Abgabe des Löschfahrzeuges LF 8, im Jahr 1993, an die Feuerwehr Naundorf, erhielt unsere Feuerwehr 1994 einen gebrauchten Hilfsrüstwagen, der von den Kameraden neu hergerichtet wurde. Zur Beladung gehörten ein Beleuchtungssatz, hydraulische Rettungsgeräte, Trennschleifer, Motorkettensäge, usw..

 

1996 wurde das Dachgeschoss unseres Gerätehauses von der Bauaufsicht gesperrt, sodass die Dienste fortan in der Schule stattfanden. Schon 1990 war die Rede von einem Neubau gewesen, doch erst am 27.08.1999 konnte endlich Richtfest für das neue Gerätehaus gefeiert werden.

In der Zeit von 1991 bis 1998 wurden 21 Ausbildungsmaßnahmen an der Landesfeuerwehrschule Sachsen wahrgenommen. In diesen acht Jahren wurden insgesamt 119 Lehrgänge besucht, welche zu einem hohen Qualifizierungsgrad der Wehr führten.

 

Folgende Kameraden standen seit 1875 als Kommandant, Hauptmann oder Wehrleiter an der Spitze der Wehr:

 

  • 1875-1878 Bahnmeister Seifert
  • 1878-1881 Franz Wolf
  • 1881-1883 Robert Sohr
  • 1883-1885 Hermann Fichtner
  • 1885-1891 Robert Sohr
  • 1891-1919 Karl Fritzsche
  • 1919-1930 Karl Richter
  • 1930-1939 Rudolph Klemm
  • 1939-1945 Curt Clausnitzer
  • 1945-1960 Bruno Wolf
  • 1960-1970 Manfred Morgenstern
  • 1970-1988 Helmut Kahle
  • 1988-1991 Frank Wersig
  • 1991-2018 Gerd Kaufmann
  • 2018-2023 Tino Weist
  • 2023-dato Jens Anders

 

In stillen Gedanken an die Arbeit von Peter Butter.

Wir bedanken uns herzlich bei der Familie Butter für die zur Verfügung gestellten Daten um diese Texte hier zu veröffentlichen.